20.10.2016

16. Geschichten aus dem "Worst Western"

"Autos sind einfach. Für Menschen braucht man eine Gebrauchsanleitung!" - Eine Für Vier

Im Hotelbusiness (ich sage das jetzt mal so, als hätte ich total Ahnung) hat man, ob man es möchte oder nicht, jeden Tag mit Menschen zu tun. Vor allem bei uns, weil wir nicht nur für die Zimmer zuständig sind. Nach einem Monat kann ich zwar nicht sagen, dass ich alles gesehen habe, aber definitiv schon einiges.

Es gibt ein paar Gäste, die zwei- oder dreimal Mal die Woche zum Essen kommen oder wegen der Arbeit ein paar Nächte bleiben. Ansonsten sehe ich jeden Tag aufs Neue fremde Gesichter. In den ersten zwei Wochen lief Gäste-technisch so gut wie alles rund. Der Anfang wurde mir leicht gemacht.


Allerdings gibt es überall Idioten.
Davon wird man auch in Großbritannien nicht verschont.
Obwohl Höflichkeit hier das A und O ist.


Letzte Woche hatten wir einen Gast, der in einer unserer Suiten übernachtet hat. Es war sogar die, die in meinen Augen am schönsten ist. Allerdings ist es DER HORROR sie zu putzen, da sie über zwei Stockwerke geht und das Bett zwar ein Traum, aber nicht so einfach zu beziehen ist. Man muss die komplette Matratze anheben, um das Laken darunter zu klemmen und das Holzgestell nimmt jegliche Bewegungsfreiheit, wenn man mit einer King Size Decke hantiert.
Jedenfalls war der gute Herr auch abends beim Essen, hat Hauptgang und Dessert bestellt und ist danach wieder auf sein Zimmer gegangen. Am nächsten Morgen hatte ich keine Schicht. Gut für mich, schlecht für M! Sie musste unseren Gast auschecken und der hat eine richtige Szene gemacht. Das Essen wäre schrecklich gewesen und er würde dafür nicht zahlen. Außerdem hätte er dreckige Handtücher gehabt. Während er gesprochen hat, sind andere Gäste zum auschecken gekommen und das animierte ihn nur noch mehr dazu seine Stimme zu erheben und M vor allen zur Schnecke zu machen. Nett! Sie ist natürlich professionell und freundlich geblieben, hat sich entschuldigt und den Checkout durchgezogen. Am Ende hat er "gedroht" eine schlechte Review auf tripadvisor zu schreiben...was er dann auch getan hat. Weh mir! Ein interessanter Text, der eine völlig sinnfreie Argumentation enthält. Seine Überschrift gab mir allerdings die Idee für den Posttitel. Immer das Positive sehen, meine Lieben!


Ja, vielleicht hat ihm das Essen nicht geschmeckt. Allerdings hätte er auch einfach etwas sagen können! Wenn wir Gästen ihr Essen bringen, fragen wir nach ein paar Minuten immer, ob alles in Ordnung ist. Ich weiß mit Sicherheit, dass wir bei ihm waren und immerhin hatte er seinen Teller auch komplett geleert. Und die Sache mit den Handtücher - hach, M, unser Boss und ich lachen immer noch. Er hat in seiner Review geschrieben, dass er am Morgen ein Bad nehmen wollte und gesehen hätte, dass seine Handtücher fleckig gewesen wären. Dass ihm das erst am Morgen aufgefallen ist? Benutzt man Handtücher nicht auch am Abend? Aber gut, jeder hat seine eigene Beauty-Routine.
Ich will nicht sagen, dass es völlig unmöglich ist, dass die Handtücher schmutzig gewesen sind. Wenn wir neue Lieferungen aus der Reinigung bekommen, gibt es immer mal Laken, Bezüge oder Handtücher, die irgendwelche Flecken haben. Passiert eben! Allerdings gibt es sowohl ein Telefon, um die Rezeption zu erreichen und nach neuen Handtüchern zu fragen, als auch die Möglichkeit einfach mal kurz vorbei zu kommen. Die Suite ist vielleicht zehn Schritte entfernt.
Keine Frage, die Gäste haben das Recht zu sagen, wenn ihnen etwas missfällt, dazu sind sie Gäste und dazu sind wir Angestellte, die dafür sorgen sollen, dass sie einen tollen Aufenthalt haben. Am Ende des Tages sind wir aber auch nur Menschen. Doch wenn uns nicht die Chance gegeben wird Fehler zu berichtigen, dann können wir auch nichts tun. Gedankenlesen liegt leider nicht im Bereich unserer Fähigkeiten.

So, das war das!


Die Arbeit ist anstrengend und an manchen Stellen immer noch etwas überfordernd, aber im Großen und Ganzen macht sie mir Spaß. Vor allem das Kellnern. Außer jemand bestellt einen Latte Macchiato. An alle Menschen, die diesen tollen Farbverlauf hinbekommen: Teach me your ways! Es ist jedes Mal so eine Schande, wenn ich meinen was-auch-immer einem Gast servieren muss. Bis jetzt hat noch keiner etwas gesagt. Vermutlich Mitleid!

Woran ich mich zu Beginn etwas gewöhnen musste, war die Anrede. Oft fällt das Wort "love", was hier aber völlig normal ist, wenn man eine junge Frau anspricht. Anfangs war mir das etwas unangenehm, weil man in Deutschland vermutlich erstmal etwas schräg angeschaut wird, wenn man die Bedienung "Liebes" nennt. Aber mittlerweile fällt es mir schon gar nicht mehr auf. Eine andere Sache ist dann allerdings "babe" oder, Gott steh mir bei, "bae". Ich bringe dir Essen und Trinken und dann bin ich dir nicht mal ein zweites b wert? Na vielen Dank!

Wenn Gästen auffällt, dass ich nicht von hier bin und sie mich darauf ansprechen, folgen eigentlich immer dieselben Fragen: "Wo kommst du her?" "Was machst du hier?" "Wie lange bist du hier?" "In welchem Teil von Deutschland lebst du?" "Wie bist du hier gelandet?" (Letzteres frage ich mich auch immer wieder aufs Neue.) Es ist wirklich erstaunlich wie viele Gäste, die mich bisher ausgefragt haben, schon einmal in Deutschland gewesen sind. Besonders abwegig ist das natürlich nicht, aber ich habe es einfach nicht erwartet.
Apropos, letztens stand ich am Abend hinter der Bar und ein Mann wollte Bier bestellen, welcher am Nachmittag bei mir eingecheckt hatte und mit seinem Kollegen zum Essen gekommen war. Er kam auf mich zu und meinte nur:"Hallo!". Und es klang nicht Englisch. Kein Akzent. Zaghaft erwiderte ich sein Hallo. "Mensch, habe ich also wirklich richtig gedacht und Deutsch gehört!" Großer OH-MEIN-GOTT-Moment in meinem Kopf! Ein deutscher Kunde. Habe erstmal M zu mir gerufen und dann haben wir drei ein bisschen geschwatzt und festgestellt, dass keiner den anderen hier erwartet hätte. Das war definitiv eines der bisherigen Highlights!
Er und sein britischer Kollege haben übrigens nach dem "höflichen" Herren aus der Suite ausgecheckt und zu M gesagt, dass es immer solche Menschen gibt. Sie fanden ihren Aufenthalt super. Der britische Kollege hat ihn sogar als "professional complainer" (professioneller Beschwerer) bezeichnet.


In meinen vier Wochen hier hatten wir auch wirklich amüsante Gäste. Zum Beispiel ein paar Arbeiter, die immer einen witzigen Spruch auf den Lippen hatten und sich auch unsere Namen gemerkt haben. Zu solchen Leuten hat man, auch wenn man sie nur ein paar Tage sieht und sie bedient, einfach eine bessere Verbindung. Es gab auch jemanden, der sich in Unterwäsche aus seinem Zimmer ausgesperrt hat. Da war was los!
An meinem Geburtstag habe ich ein Paar bedient, welches aus den USA kam. Sie waren echt super nett und haben mich auch über meine Herkunft ausgefragt. Als Trinkgeld haben sie mir 5€ da gelassen. Euro von einem amerikanischen Pärchen in Großbritannien. Die Welten kollidieren!
Die besten Gäste sind jedoch ungefragt, die die ihre Dusche nicht benutzen. Das mag jetzt etwas sonderbar klingen, aber es gibt kein besseres Gefühl, als am Morgen nach schon zehn gemachten Zimmern in ein Bad zu kommen, um festzustellen, dass man keine Badewanne schrubben muss. Jup, seit ich hier bin bestehen Tages-Highlights aus so etwas oder das Ankommen eines neuen Mopps.

Ich bin gespannt und habe auch etwas Angst...oder sagen wir Respekt davor, was für Menschen in den restlichen fünf Monate das Hotel betreten werden.

BRING IT ON!

Danke (und Hut ab!) fürs' Lesen, Nina :)

1 Kommentar:

  1. Ich habe mal längere Zeit im Cafe gearbeitet und auch da gibt es manchmal total schreckliche Gäste, die sich völlig daneben benehmen und sich dann auch noch beschweren. Man kann es echt nicht allen recht machen...

    Love,
    Christina ♥
    cinapeh.blogspot.de

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